Text Oni Lanzerstorfer, Michi Cech

Auf unserer Instagram-Umfrage haben viele Leser angegeben, dass sie in unserer Serie über die Liebe auch das Thema „Berufung“ interessiert. Vielleicht denkst du dir – was hat das mit Liebe oder Beziehungen zu tun. Aber es ist für viele junge Christen eine echte Frage, was, wenn mich Gott zu einem Leben als Mönch, Schwester oder Priester beruft, und nicht zur Ehe. Muss ich dann auf die Erfahrung von Liebe verzichten?

Die Suche nach der wahren Liebe, nach jener einen Person, die dich vollkommen macht – davon handelt jede romantische Geschichte. Seit Adam und Eva. Gott hat uns eben so geschaffen. Wir sind noch nicht komplett ohne dieses DU. Und doch geht die Bibel noch einen Schritt weiter. Die wahre Liebe, nach der wir alle suchen, ist am Ende Gott selbst. Das ist die Bibel in vier Worten: Gott möchte uns heiraten! Dieser Gedanke der Hochzeit zieht sich tatsächlich durch die ganze Bibel, von der ersten bis zur letzten Seite, wo wir von der „Hochzeit des Lammes“ lesen, also von der „Ehe“ von Christus und der Kirche. Darum ist die Ehe in der katholischen Kirche auch ein „Sakrament“, übersetzt: Zeichen, weil sie ein Bild ist für das, was uns alle im Himmel erwartet: die „himmlische Ehe“, die volle Vereinigung mit Gott!

Geschaffen für das Unendliche

Jeder der in einer Beziehung ist bzw. alle Ehepaare können das bezeugen: Auch in der schönsten Liebesbeziehung ist der Partner nie derjenige, der unser tiefstes Innerstes ganz erfüllen kann. Wenn wir das von ihm erwarten, dann bauen wir einen Druck auf, der nur zu Enttäuschungen führen wird. Unser Herz ist letztlich geschaffen für das Unendliche. Und das ist Gott. Die Ehe als Zeichen verstanden ist sozusagen das Straßenschild, das uns zur Ehe mit Gott hinweist. Darum sagt Jesus übrigens, dass wir im Himmel nicht mehr heiraten werden, denn wenn du schon im Himmel bist, brauchst du kein Schild mehr, das dorthin zeigt.

„Natürliche“ und „übernatürliche“ Berufung

Auf dieser Welt brauchen wir aber dieses Schild. Es ist für uns Menschen sozusagen der „normale“ Weg zum Himmel, unsere „natürliche“ Berufung. Das zeigt schon die Tatsache, dass wir Menschen entweder als Mann oder als Frau existieren, und uns so gegenseitig ergänzen. Aber dann gibt es seit Jesus diese Berufung, auf die menschliche Ehe zu verzichten, also auf eine liebende Partnerschaft, auf das Ausleben der Sexualität, auf Kinder. Meist schauen wir dabei aber immer nur auf das, worauf man verzichtet, und nicht auf das, was man bekommt. Jesus nennt es die „Ehelosigkeit um des Himmelreiches willen“. Was nämlich jemand macht, der zum Zölibat berufen ist, ist, dass er die menschliche Ehe sozusagen „überspringt“. Er überspringt das Zeichen und lebt jetzt schon die Realität, die „himmlische Ehe“. Darum ist der Zölibat die „übernatürliche“ Berufung.

Bestimmt, um Frucht zu bringen

Wenn man Google fragt, was Berufung ist, erhält man folgende Antworten: Lebensaufgabe, Lebenssinn, Bestimmung. Im Evangelium gibt es genau eine Stelle, wo Jesus konkret darüber spricht, was unsere „Bestimmung“ ist. In Johannes 15,16 sagt Jesus: „Ich habe euch erwählt und DAZU BESTIMMT, dass ihr euch aufmacht und Frucht bringt und dass eure Frucht bleibt.“ Jeder Mann ist sozusagen dazu bestimmt, Vater zu sein, und jede Frau, Mutter zu sein. In der natürlichen Ehe konkret mit eigenen und in der übernatürlichen Ehe mit geistigen Kindern. Darum nennt man einen Priester oft auch „Pater – Vater“ und eine Schwester wie etwa Mutter Teresa eben Mutter. Das ist unsere Berufung. Wir müssen nur herausfinden, was unser persönlicher Weg ist. Und auch wenn es nicht klar bleibt, was unser Weg ist, weil wir vielleicht keine Berufung verspüren oder keinen Partner finden, diese Bestimmung zum Fruchtbringen können wir immer leben, egal wie unser Leben aussieht.

Was ist mein persönlicher Weg?

Vielleicht kennst du das, wenn man ein gläubiger Jugendlicher ist, dass man immer wieder zu hören bekommt, ob man nicht Priester oder Schwester werden möchte. Was ist, wenn Gott mich zur Ehelosigkeit ruft, und ich will das aber gar nicht? Was, wenn ich Gottes Ruf vielleicht überhört habe? Diese Fragen können einem schon mal Stress machen. Aber Gott ist (Gott sei Dank) nicht so kompliziert. Solange du keinen echten Wunsch verspürst, auf diese Weise ganz Gott nachzufolgen, hast du keine Berufung zum geistlichen Leben. Wenn Gott möchte, dass du jetzt schon die „himmlische Ehe“ lebst, wird er es dir schon deutlich zeigen. Und es wird dich treffen, wie wenn du verliebt bist.

„Jeder von uns hat eine Sendung, jeder von uns ist aufgerufen, die Welt zu verändern. Liebe Freunde: Nur Jesus weiß, welchen „bestimmten“ Auftrag er für euch hat. Seid offen für seine Stimme, die im Innern eures Herzens widerhallt. Fragt unseren Herrn, was er für euch im Sinn hat. Bittet ihn um Bereitschaft „Ja“ zu sagen. Habt keine Angst euch ganz Jesus hinzugeben. Er wird euch die Gnade geben, die ihr braucht, um eure Berufung zu erfüllen.“ – Papst Benedikt XVI