In jeder heiligen Messe begegnen wir Gott ganz real. Hier öffnet sich sozusagen das Tor zum Himmel. Gott ist wirklich da. In dieser Serie zeigen wir dir, wie die Messe für dich zu dieser geheimnisvollen Begegnung werden kann.

Text: Michi Cech und P. Thomas Figl

Wir sind sozusagen am Höhepunkt der heiligen Messe angelangt. Darum wird der folgende Teil auch „Hochgebet“ genannt. Hier erleben wir jedes Mal ein Wunder. Aus Brot und Wein werden Leib und Blut Jesu. Was wäre, wenn du aus sicherer Quelle erfahren würdest, dass morgen um 18.30 Uhr im örtlichen Gemeindesaal Jesus erscheinen soll? Würdest du da nicht hingehen? Genau das passiert bei jeder heiligen Messe in der Kirche. Jesus ist im Brot wirklich da, zum Angreifen. Nicht als Erscheinung. Mehr noch. Er schenkt sich selbst. In der Gestalt von Brot und Wein schenkt sich Jesus, der ganz Gott ist, uns selbst. Verborgen. Wie auch die Liebe immer etwas Verborgenes bleibt.

Das Hochgebet beginnt mit dem Aufruf, sich bereit zu machen: „Der Herr sei mit euch! – Und mit deinem Geiste.“ Wir stehen auf. Denken wir daran, dass wir jetzt wirklich da sind, um Jesus, den Herrn, zu treffen! „Erhebet die Herzen! – Wir haben sie beim Herrn.“ Diese Worte können wir entweder sehr automatisch und ohne mitzudenken sprechen, oder ganz bewusst und aufrichtig. Halten wir Gott unser Herz hin! „Lasset uns danken, dem Herrn, unsern Gott! – Das ist würdig und recht.“ Fragen wir uns – sind wir Gott dankbar, versuchen wir es wenigstens?

Und so fährt der Priester fort: „In Wahrheit ist es würdig und recht, dir Vater im Himmel zu danken durch deinen Sohn Jesus Christus. Denn…“ Und hier fügt er das ein, was Gott für uns getan hat, z.B.: „du hast Himmel und Erde geschaffen; er, Jesus, hat Großes an uns getan; aus Erbarmen ist er Mensch geworden;“ Wir danken Gott, dass er uns geschaffen und befreit hat. Dieser Dank mündet ein in den großen Gesang der Engel: „Heilig, heilig, heilig, Gott, Herr aller Mächte und Gewalten!“ Mit diesem Gesang treten wir ein – in den Himmel…

Wir müssen uns bewusst sein, dass die Messe immer ein Geschehen ist, das Himmel und Erde umfasst. Die Engel steigen auf und nieder, und wir können uns in geistiger Weise vorstellen, wie sie einen Vorhang öffnen, und wir einen Blick in den Himmel werfen dürfen. Gleichzeitig verbergen sie dieses heilige Geschehen wieder mit ihren Flügeln. Hier müssen wir nicht alles erklären oder verstehen. Hier müssen wir nicht jedes einzelne Wort, welches der Priester sagt, hören oder wir müssen nicht alles sehen. Wir schweigen einfach mit allen Engeln und Heiligen vor diesem heiligen Geschehen. Und so richtet der Priester seine Worte an Gott, den Vater, in einem langen Gebet: „Dich gütiger Vater preisen wir… Denn alle Werke künden deine Weisheit und Liebe… In der Nacht, in der er verraten wurde, nahm Jesus beim Mahl das Brot…“

In der Kirche wird es unendlich still. Die Engel sind noch immer da und öffnen jetzt gleichsam ein Zeitfenster. Und wir finden uns plötzlich mit ihnen im Abendmahlsaal wieder. „Jesus nahm beim Mahl das Brot, sagte Dank, brach es, reichte es seinen Jüngern und sprach: Nehmet uns esset, das ist mein Fleisch. Und er nahm den Kelch mit Wein: Das ist mein Blut, das für euch und für alle vergossen wird, zur Vergebung der Sünden!“ Was hier geschieht, ist die Hingabe Jesu am Kreuz. Die Hingabe Gottes an die Menschen. Das Zeitfenster schwenkt und wir stehen genau unter dem Kreuz. Die Kirche glaubt und lehrt seit jeher, dass wir nicht nur an dieses Ereignis denken, sondern dass wir hier wirklich dabei sind. Raum und Zeit wird aufgehoben von Gott, der über Raum und Zeit steht. Wir sind unter dem Kreuz. Zusammen mit Maria und Johannes. An dem Ort, wo Jesus für unsere Sünden stirbt. Dort, wo Jesus seinen Leib schenkt: Das ist mein Leib, der für euch hingegeben wird! Wo aus dem Tod die Auferstehung wird.

Wenn dir das zu verrückt vorkommt, dann hast du noch nie wirklich erlebt, was Messe sein kann. Denn Messe ist genau das: Den Zeitsprung unter das Kreuz zu machen. Geistlich. Im Glauben. Weil Gott außerhalb der Zeit steht. „Geheimnis des Glaubens!“ – Mit diesem Ruf holt uns der Priester oder der Diakon wieder zurück auf die Bank unserer Kirche. Wir antworten: „Deinen Tod, o Herr, verkünden wir, und deine Auferstehung preisen wir, bis du kommst in Herrlichkeit.“ Wir sind zwar wieder zurück auf unserer Kirchenbank, doch das Geheimnis ist real: Jesus ist in Brot und Wein wirklich gegenwärtig. Warum das ein Geheimnis ist? Auf jeden Fall nicht, weil man es nicht weitersagen darf. Sondern weil es nur derjenige entdeckt, der danach sucht. Oder weil es ein Geheimnis ist, welches zwei Freunde untereinander haben. In der Liebe schenkt sich einer dem anderen. Das ist ein Geheimnis, welches man nicht in Worte fassen kann, was nur die beiden Freunde für sich erfahren können, was aber nicht weniger real ist…

Liebe verändert. Dieses Erleben der Hingabe des großen Gottes an uns, an mich persönlich, verändert, hat die Macht mich zu verwandeln. Probleme und Kummer werden nicht immer verschwinden, aber unser Blick auf diese Dinge wird sich ändern. Und wir selbst werden aus Menschen mit einem Herzen aus Stein zu Menschen mit einem Herzen aus Fleisch.