Es gibt Begebenheiten, die sind besonders. Eine davon war unsere Begegnung mit Kardinal Dziwisz. Die Hälfte seines Lebens war er Privatsekretär von Johannes Paul II und damit einer der engsten Vertrauten dieses heiligen Papstes, der so viele Jugendliche unglaublich inspiriert hat. Bei seinem Besuch in Neuburg an der Donau konnten wir mit Kardinal Dziwisz ein ganz persönliches Gespräch über diesen großen Heiligen führen.

Interview Oni Lanzerstorfer

Sie waren so viele Jahre an der Seite von Papst Johannes Paul II. Wie war es, so eng mit ihm zu arbeiten?

Ich habe mit dem Heiligen Vater 39 Jahre zusammen gearbeitet. 12 davon in Krakau und der Rest im Vatikan. Ich habe meine eigene Persönlichkeit, ich habe Schwächen und Stärken und Papst Johannes Paul II wusste das ganz genau. Aber unsere Zusammenarbeit war sehr gut abgestimmt. Ich habe nie einen Befehl von ihm bekommen, was ich machen soll, und ich habe nie gefragt, was ich machen soll. Ich wusste, was er wollte, und er war sicher, dass ich das mache, was ich machen muss.

Wie haben Sie Papst Johannes Paul II kennengelernt? Und was waren Ihre ersten Eindrücke von ihm?

Er war mein Professor im Priesterseminar in Krakau. Nach meinem ersten Jahr Theologie Studium habe ich ihn kennengelernt, damals war er Weihbischof von Krakau. Ich spreche nicht nur in meinem Namen, sondern auch im Namen aller meiner Kurskollegen, wenn ich sage, dass uns sofort aufgefallen ist, dass Johannes Paul II, damals Professor Wojtyła, eine sehr besondere Ausstrahlung und Anziehungskraft hatte. Seine Persönlichkeit hat uns sehr geprägt und uns motiviert, weiter bei ihm zu studieren. Damals wussten wir noch nicht, dass wir eine heilige Persönlichkeit getroffen haben. Heilige haben die Kraft, andere Leute zu Gott zu führen. Sie ermöglichen eine Begegnung mit Gott. Während der Pause zwischen den Vorlesungen ist Johannes Paul II immer in die Kapelle gegangen und er war tief ins Gebet vertieft. Wir haben ihn beobachtet. Er war so konzentriert auf das Gespräch mit Gott, dass niemand ihn stören konnte. Und nach seinem Gebet hatten wir den Eindruck, dass er ein besonderes Treffen gehabt hatte, dass er wirklich mit jemandem gesprochen hat.

Sie haben so viel mit ihm erlebt. Die Papstwahl, das Attentat, seine Krankheit… Gibt es eine Begegnung, die Sie ganz tief beeindruckt hat?

Jeder Tag mit dem heiligen Johannes Paul II war anders und nicht wiederholbar. Er war ein Mensch, der sehr begabt und initiativ war. Er hatte ein sehr reiches geistiges Leben. Er hat immer in allem, was er gemacht hat, Christus vor Augen gehabt. Seine Dokumente und Lehren in der katholischen Kirche, wie beispielsweise die Theologie des Leibes, waren die Früchte davon. Sein Verhalten vor allem in den schwierigen Situationen, wie etwa eben dem Attentat oder seiner Krankheit, war sehr bemerkenswert. Er war durch diesen sehr tiefen Glauben an Jesus Christus und sein Vertrauen auf ihn gestärkt. Und er konnte so immer Lösungen für alle Schwierigkeiten finden, denen er begegnet ist. Im Zusammenleben mit anderen Menschen hat er sich immer um Zusammenarbeit bemüht. Er wollte nicht dominieren oder dominieren lassen, sondern er suchte immer das, was allen gemeinsam war.

Er war auch der erste Papst, der so viel zu den Menschen gereist ist.

Die Reisen von Johannes Paul II sind mir besonders im Herzen und Gedächtnis geblieben. Jede Reise war anders und hatte ein anderes Thema, das verbunden war mit der aktuellen Situation in der Welt. Ich kann bestätigen, dass nichts in der Kirche und in der Welt passiert ist, ohne dass es ihn persönlich beschäftigt hätte oder er sich dafür engagiert hätte.

Johannes Paul II ist nicht nur heiliggesprochen, sondern man konnte das spüren, dass er ein heiliger Mensch war. Er hat immer wieder dazu ermutigt, sich ganz auf Gott einzulassen. Was wollen Sie den Jugendlichen zum Thema Heiligkeit sagen?

Ich sage wahrscheinlich nichts Neues, denn ich wiederhole nur die Worte des heiligen Papstes Johannes Pauls II: „Habt keine Angst, heilig zu sein! Habt keine Angst vor Christus, Er nimmt euch nichts und gibt euch alles! Christus erfüllt euch mit seiner Liebe und mit dem ganzen Inhalt, den man braucht, für ein sinnerfülltes Leben. Er wird eure Kraft sein und eure Jugendzeit immer schöner machen.“