Wegen der Pandemie musste die Grammy Gewinnerin ihre Tour absagen und anstatt weiter in die Höhen des Erfolgs zu steigen, fiel sie in ein großes Loch. Sie kämpfte mit Panikattacken und Angstzuständen. Ihr 2023 erschienenes Album „Lauren Daigle“ erzählt davon, wie sie es wieder rausschaffte.

Text Stephanie Stampfer

Lauren ist in Lafayette, Louisiana, im Süden der Vereinigten Staaten aufgewachsen. Auf dem Weg zu ihren Großeltern zählte sie Alligatoren, von denen es in den vielen Sümpfen der Gegend nur so wimmelt. Die Menschen sind entspannt, offen und hilfsbereit, Auch die Musik spielt eine große Rolle. In einem Interview mit The Guardian erzählt die Sängerin: „Jeden Sonntagabend in Lafayette, an diesem Ort namens Randol’s, würde eine Band kommen und die ganze Stadt würde herauskommen und tanzen. Ich erinnere mich, als ich 10 Jahre alt war, mein Großvater setzte mich auf seine Füße und sagte: ‚Komm schon, Mädchen, du musst den Walzer lernen.‘“

Als Lauren 14 Jahre alt war wurde Louisiana vom Hurrikan Katrina getroffen, einer der schlimmsten Naturkatastrophen in der Geschichte der USA. Diese Erfahrung prägt ihre Kindheit: „Katastrophen wie diese zeigen dir, was im Leben wichtig ist. Es entsteht eine Art Zusammenhalt nach einem Hurrikan – du hast jemanden zuvor nie gesehen und plötzlich bist du in ihrem Haus und schneidest einen Baum aus ihrem Wohnzimmer.“ Ihre Familie sei immer offen gewesen, anderen Menschen zu helfen und sie zu lieben, deshalb sagt Lauren: „Es liegt in meinen Genen, die Trennungen zwischen Menschen zu durchbrechen.“

Vision für die Zukunft

Mit 15 Jahren erkrankt Lauren an einem Virus, eine schlimmere Variante des Pfeifferschen Drüsenfieber. Sie leidet zwei Jahre lang an so starker Müdigkeit und Schwäche, dass sie nicht mehr in die Schule gehen kann und zuhause unterrichtet werden muss. Das aufgeweckte junge Mädchen, das von ihrer Mutter liebevoll „ihre kleine Jukebox“ genannt wurde, verlor auf einmal die Kraft zu singen. „Alles, was ich machen wollte und konnte, war zu schlafen.“

Mit dem Bisschen Kraft, das sie am Tag aufbringen konnte, betete sie zu Gott. Eine Minute, für mehr hatte sie keine Kraft. Sie stellte ihm Fragen: Was willst du mir sagen, Gott? Wer soll ich jetzt werden?

Eines Tages steht sie im Bad vor dem Spiegel in ihrem Pyjama, zu müde, ihre Zähne zu putzen. Etwas eigenartiges passiert: Sie sieht eine andere Lauren im Spiegel. „Ich sah ein Mädchen – mich – vor Tausenden von Menschen in einem Freiluftstadion singen. Dann sah ich mich in einen Tourbus ein- und aussteigen. Ich sah diese Person, die Lieder schrieb, ihre eigenen Lieder, und sie sang. Und sie ging ins Studio, um sie aufzunehmen.“

Durchbruch

Jahre später wird es Wirklichkeit. Mit ihrem Durchbruch-Rekord-Hit „You Say“ verändert sich für Lauren alles. Der Song bringt ihr zwei Grammys ein, sie geht auf Tour und wird regelmäßig zu Talkshows eingeladen. Aber dann bricht alles zusammen. Als im Jahr 2020 die Corona-Pandemie ausbricht, muss plötzlich ihre geplante Tour abgesagt werden. Eine Enttäuschung, mit der die Sängerin erstmal klarkommen muss. Sie ist auf einmal zurückgeworfen in die Isolation, die sie bereits in ihrer Jugend gut kennengelernt hat.

Panikattacken

Diese sprudelnde, lächelnde und farbenfrohe Sängerin und sie mies drauf? Viele konnten sich das nicht vorstellen. In einem persönlichen Interview widerspricht sie dem Bild, dass es ihr immer gut gehe: „Freude zu kennen, bedeutet auch Traurigkeit zu kennen. Freude zu kennen, bedeutet auch Schmerz zu kennen. Freude zu kennen, bedeutet auch Depression zu kennen.“ Und sie fügt hinzu: „Die Täler, die wir durchwandern, lassen uns erkennen, durch was uns Gott schon alles durchgeholfen hat.“

In den Jahren der Pandemie erlebt Lauren eine Zeit in ihrem Leben, in der sie starke Depressionen, Ängste und Panikattacken erleidet. Sie beschreibt, wie sie im Flugzeug einmal eine so starke Panikattacke erlebte, dass die Crew den Defibrator holte, weil sich das Team nicht sicher war, ob sie nicht einen Herzinfarkt hatte.

Der Weg heraus

Lauren erzählt heute, dass ihr drei Dinge geholfen haben. Ein Neurologe zeigte ihr ganz praktisch, wie das Atmen helfen kann, in Angstsituationen herunterzufahren und den Reset-Knopf zu drücken. Das Zweite war, dass sie sich dabei aktiv erinnert hat, dass Gott alles im Griff hat: „Er kämpft für mich. Gott danke, dass du bei mir bist. Ich hab gerade das Gefühl, dass ich die Kontrolle verliere, aber ich weiß, du hast alles unter Kontrolle.“ So war damals ihr Gebet. Wichtig waren dann auch vor allem Freunde, die ihr Ermutigungen und Bibelstellen zugesprochen haben. In ihrer souligen Ballade „Thank God I Do“ singt sie darüber:

„Ich weiß nicht, wer ich wäre, wenn ich dich nicht hätte, ich würde wahrscheinlich in die Tiefe stürzen; ich weiß nicht, wohin ich gehen würde, wenn du mich jemals loslassen würdest, also halte mich in deiner Hand.“

Kaleidoscope Jesus

Lauren erzählt davon, wie sie Gott oft auf unerwartete Weise traf. Im Lied „Kaleidoscope Jesus“ geht es um die unerwarteten Orte, wo Gott einem auf eine Art und Weise begegnet, die du nicht erwartet hast. Sie erklärt: „Was der Feind versucht zu machen, wenn du Angst hast, ist, dich zu isolieren. So kann er dich in diesen Gedankenkreisen behalten. Was du machen musst, um da rauszukommen, ist, mit den Menschen um dich herum zu interagieren. Selbst wenn es sich komisch anfühlt, fang ein Gespräch mit jemandem an. Suche die versteckten Engel in deiner Umwelt.“

Wie sie so Jesus auf ungewöhnliche Weise entdeckte und das oft auf ganz alltägliche Weise, davon singt sie im Song „Kaleidoscope Jesus“:

„Du nimmst jedes Mal eine andere Schattierung an, wenn ich dich in jemandem sehe, im Herzen des Nachbarn an der Ecke, im Geist der Augen eines kleinen Mädchens, im Hallo eines Fremden im Supermarkt, in den Menschen, die vorbeigehen.“