Chefredakteur Michi Cech im Gespräch mit Uschi Waismayer. Wir haben mit ihr über Pubertät, Sexualität und, was Fruchtbarkeit damit zu tun hat, gesprochen. Die vierfache Mutter ist Kursleiterin des Sexual-Ausbildungsvereins TeenSTAR und Dipl. Krankenschwester und hat zusammen mit ihrem Mann Helmut bereits mit unzähligen Jugendlichen über das Thema Sexualität gesprochen.

Michi: Sexualität beschäftigt irgendwie die ganze Welt, und gerade als Jugendlicher ist das ein wichtiger Teil, den man an sich entdeckt und kennenlernt. Wie kann man das gut leben?

Uschi: Ja, neue verliebte Gefühle sind da und der sexuelle Trieb erwacht und kann sehr stark sein. Aber das ist gut so und sinnvoll. Wir können aber mit diesen Gefühlen sehr verschieden umgehen. Wir können sie z.B. einfach laufen lassen oder auch unterdrücken. Oder aber, wir können lernen, sie zu „kultivieren“, also einen positiven und annehmenden Zugang zu finden. Dann werden wir eine starke und liebende Persönlichkeit, die auch warten und verzichten kann. Das muss ich sowieso lernen, wenn ich das Glück finden möchte.

Michi: Bei gläubigen Leuten wird oft die Frage gestellt, was von Gott in diesem Thema erlaubt ist oder nicht. In deiner Arbeit mit Jugendlichen, versucht ihr das ja eher erst einmal mit dem Verstand zu erklären und nicht aus einer gläubigen Perspektive. Warum ist nicht egal, wie wir mit unserer Sexualität umgehen?

Uschi: Also, wenn wir überlegen, wie der Mensch gemacht ist, d.h. wie er biologisch funktioniert, dann können wir als Erstes erkennen, dass er fruchtbar ist. Einfach vom Körper her. Dass der männliche Körper Samenzellen produziert, und dass jede Frau einen Zyklus hat, wo sie eine Eizelle hervorbringt. Das ist in uns angelegt. Das Zweite, was wir an uns entdecken, ist Sehnsucht nach Sicherheit, Geborgenheit, Beständigkeit, nach jemandem, der zu mir sagt: nur du! Unaustauschbar nur du. Wenn wir Umfragen anschauen, zeigen diese, dass die meisten Jugendlichen immer noch diese Sehnsucht haben, irgendwann einmal eine fixe Beziehung zu haben mit einem Menschen, der mich meint. Und mit dem man auch Kinder haben möchte. Und wenn man jetzt einfach nur ganz rational von der Vernunft überlegt, dann ist diese Idee von der Ehe genau dieser Raum, wo das ganz gelebt werden kann. Wo die Fruchtbarkeit da sein darf – ich darf so sein, wie ich bin, als Mann oder Frau. Und diese Beständigkeit, dieses „nur du“.

Michi: Was ich von dir verstehe, ist, dass man sich mal ganz objektiv anschaut, einerseits dass wir diese Sehnsucht nach Verbundenheit haben, genauso wie einen Körper, der ausgelegt ist, fruchtbar zu sein. Aber ich kenne das von mir selbst. Als Jugendlicher war das total weit weg für mich. Jetzt bin ich seit einiger Zeit Papa und begreife, dass dieses Fruchtbarkeits-Ding, also Kinder zu bekommen, auch emotional so etwas unglaublich Schönes und Erfüllendes ist. Also Fruchtbarkeit, finde ich, ist ein komisches Wort, mit dem ich als Jugendlicher nicht so viel anfangen konnte. Ihr macht das bei TeenSTAR echt gut, ihr schaut einfach mal den eigenen Körper an und da entdecke ich, ich hab irgendwie einen Leib und Geschlechtsteile. Was machen die, und wozu sind die da?

Uschi: Der Körper spricht eine Sprache. Das Schwierige ist oft, dieses Geschehen in mir anzunehmen und schätzen zu lernen. Der Körper ist das, was ich tagtäglich in der Früh beobachte, und erst recht in der Pubertät, wenn ich mich vor den Spiegel stelle und merke: Okay, da wächst jetzt etwas, und da sprießt ein Härchen, und als Mädchen, wie breit werden meine Hüften und so weiter. Ich kann das einfach mal beobachten und mich fragen, was geht da jetzt vor? Dann seh ich, wie viel das alles mit der Fähigkeit zu tun hat, fruchtbar zu sein. Es gibt zum Beispiel bei den Mädchen den sogenannten Zervixschleim, der die fruchtbare Zeit in der Scheide ankündigt. Ich kann entdecken, dass der nicht etwas Ekeliges ist, sondern eine wichtige Aufgabe hat, damit ein Baby entstehen kann. Oder dass der Zyklus ab der ersten Regel ca. fünf bis sieben Jahre braucht, um auszureifen und regelmäßig einen Eisprung zu produzieren. Wenn ich das über meinen eigenen Körper lerne, dann schafft das ein Vertrauen in das Können des eigenen Körpers und weckt das Staunen. Was ich kenne, schätze ich, und was ich schätze, schütze ich. Jungs haben auch etwas zu beobachten, sie haben von Zeit zu Zeit einen nächtlichen Samenerguss. Oder es kommt immer wieder auch ungewollt zu einer Erektion, also einer Versteifung des Glieds, durch den plötzlichen Testosteronschub. Ab da weißt du, du könntest Vater werden. Darüber zu reden, ist vielleicht für manche am Anfang peinlich. Aber so sind wir, das gehört dazu, das kann ich.

Michi: Das ist so wichtig, dass man darüber normal reden lernt. Es ist unglaublich faszinierend, dass etwa ein Mädchen, eine Frau regelmäßig einen Zyklus hat. Sie blutet jeden Monat! Das ist ja keine kleine Sache. Und wenn wir fragen, wozu das da ist, dann kommen wir wieder dazu, dass wir in unserem ganzen Sein so auf die Fruchtbarkeit ausgerichtet sind. Das zu verstehen, ist wirklich hilfreich. Auch bei Jungs sieht man, wie alles zur Fruchtbarkeit gehört. Es steckt so tief in uns drinnen, was unsere Sexualität bedeutet, aber was wir heute machen, ist, dass wir das Thema Fruchtbarkeit total abschieben. Das, was uns so stark prägt und ausmacht, sehen wir heute oft nur negativ und wollen es weghaben.

Uschi: Ja, heute hören wir vom Mainstream: Die Fruchtbarkeit kommt, und jetzt musst du sie erst einmal kappen. Die Folge ist, dass der Mensch dann in Gefahr ist, dass er die Achtung vor der Schöpfung und dann vor sich selbst verliert.

Michi: Die Fruchtbarkeit ist so ein wichtiger Teil von mir, dass ich das nicht weghaben kann, ohne mich selbst sozusagen zu verlieren. Das heißt nicht, dass ich jetzt 20 Kinder bekommen muss. Eben, ich hab die Fähigkeit, mich kennenzulernen und zu wissen, an welchen Tagen ich fruchtbar bin. Ich kann herausfinden, wie ich gemacht bin, und lernen, in Harmonie mit meinem Leib leben.

Uschi: Der Leib, das bin ich auch. Ich habe ja nicht nur einen Körper, ich bin auch mein Körper. Und ich möchte eines noch gern sagen: Dieses ganze Thema ist kein Randthema. Es ist wichtig, dass du deinen Körper annimmst und lieben lernst. Das wünsch ich mir für jeden Jugendlichen, und das wollen wir auch in unseren TeenSTAR Kursen vermitteln.