Promis aus der Bibel im YOU! Interview. Sie ist eine der fünf Frauen, die explizit im Stammbaum Jesu erwähnt werden, und erlangte dadurch weltweite Berühmtheit. Wir haben Ruth gefragt, wie es dazu kam, dass sie als Nicht-Jüdin und Ungläubige in den Stammbaum Jesu rutschte.

Text Veronika Stocker

Hallo Ruth, du stammst ja eigentlich aus einem heidnischen Volk. Wie kommt es, dass du in der Bibel gelandet bist?

Das ist eine lange Geschichte. Ich komme ursprünglich aus Moab. Aber meine Schwiegermutter Noomi war aus Bethlehem. Aufgrund einer Hungersnot war sie mit ihrem Mann und ihren beiden Söhnen ins benachbarte Moab ausgewandert. So lernte ich ihren Sohn kennen und wurde seine Frau. Leider starben sowohl Noomis Mann als auch beide Söhne, als auch mein Ehemann. Sie wollte deshalb zurück nach Bethlehem.

Die Zeit war sicher nicht leicht für dich.

Ja, da hast du recht. Mir ist es sehr schlecht gegangen. Ich hatte eine Existenzkrise und wirtschaftlich war es damals für eine Frau, die keinen Mann hat, auch echt schwer. Noomi wollte, dass ich in Moab bleibe und in meinem Volk einen neuen Mann suche. Aber ich wollte mit ihr gehen, weil ich durch sie ihren Gott, den Gott der Juden, kennengelernt hatte. Ich sagte zu ihr: Wohin du gehst, dahin gehe auch ich, und wo du bleibst, da bleibe auch ich. Dein Volk ist mein Volk und dein Gott ist mein Gott!

Voll die mutige Entscheidung. War das nicht aussichtslos für euch als zwei Witwen in der damaligen Zeit?

Hm, ja, vor allem weil ich als Ausländerin und Andersgläubige galt. Ich war damals so um die Ende Zwanzig und eine Witwe, also ohne Aussicht auf Versorgung. Wir hatten zwar einen Ort, wo wir wohnen konnten, mussten uns aber irgendwie um Essen kümmern, da wir sonst kein Geld und nichts hatten. Für Arme gab es aber eine Regelung, dass sie bei der Getreideernte die Ähren aufsammeln durften, die von den Arbeitern liegen geblieben sind. Das hab ich dann gemacht.

Wie war diese Arbeit? Ich stelle mir das nicht so leicht vor.

Es war richtig mühsam, mehr als zehn Stunden am Tag. Ich hatte Rückenschmerzen, es war echt eine beschwerliche Arbeit. Und dann musst du ja noch die Körner aus den Ähren schlagen. Aber da hab ich Boas zum ersten Mal getroffen, meinen Mann… Ihm hat das Grundstück gehört.

Das ist ja wie im Märchen, cool.

Ich war voll erstaunt, dass er mich überhaupt angesprochen hat. Wir Moabiter hatten als Ausländer ja einen schlechten Ruf. Er war einfach so nice! Er hat seinen Arbeitern gesagt, sie sollen extra viele Ähren liegen lassen, damit ich mehr aufsammeln konnte. Und er hat allen streng gesagt, dass mich niemand blöd anmachen sollte. Ich durfte sogar von den Arbeitern Essen und Trinken nehmen.

Und was habt ihr gesprochen?

Er war so nett. Er sagte mir, dass er es toll finden würde, wie ich meiner Schwiegermutter helfe. Und dass ich meine Heimat verlassen habe und den Mut hatte, zu einem für mich fremden Volk zu gehen. Und er sagte, Gott würde das belohnen, wenn man ihm vertraut…

Wirklich voll nett. Und wie ging’s dann weiter?

Am Abend hatte ich richtig viele Körner gesammelt. Ich ging nachhause und erzählte Noomi von Boas und dem Gespräch. Noomi war ganz überrascht und sagte, dass Boas doch tatsächlich mit ihr verwandt sei. Da haben wir uns riesig gefreut.

Wieso habt ihr euch so gefreut?

Es gab die Tradition, dass, wenn der Mann einer Frau stirbt, der nächstliegende Verwandte sie heiratet. Das hieß, dass die konkrete Möglichkeit bestand, dass Boas mich heiraten könnte. Noomi und ich konnten es fast nicht glauben. Ich habe mich so krass gefreut, dass ich fast nicht schlafen konnte.

Hast du ihm die Neuigkeit dann erzählt?

Hm, so einfach war das damals nicht. Ich war arm. Er war reich. Noch dazu war ich auch eine Ausländerin. So öffentlich konnte ich ihn nicht einfach ansprechen. Noomi hat mir aber ein bisschen nachgeholfen. Sie meinte, ich solle mich hübsch machen und in der Nacht zu ihm gehen, wo er sein Getreide am Feld bewachte. Wir konnten miteinander sprechen und er wollte mich wirklich auch heiraten!

Ach, wenn das immer so einfach gehen würde…

Naja, es gab noch ein Problem. Ein anderer Verwandter war noch näher als Boas. Und wenn der mich jetzt heiraten wollte, dann hätte er das Vorrecht gehabt. Aber Boas hat sich gleich mit ihm in Verbindung gesetzt und das ziemlich cool geregelt. Das hat mich richtig beeindruckt.

Wie siehst du dein Leben so im Rückblick?

Ich bin Gott so unendlich dankbar. Dafür, wie er alles geführt hat. Ich wusste, dass dieser Gott mein Leben, das so schwer ausgeschaut hatte, zu einem guten Ende führen wird. Boas und ich haben dann ja tatsächlich geheiratet und unser Sohn Obed durfte der Großvater von König David sein. Das ist unglaublich. Für Gott spielte es keine Rolle, dass ich fremd und ungläubig war. Er hatte einen Plan für mich gehabt.