Text Johannes Pichler

Gleich zu Beginn eine sehr deepe Frage an dich: Was tust du alles, um anderen Menschen zu gefallen? Diese Frage kann man sich schon einige Zeit durch den Kopf gehen lassen. Ich selbst musste da schon einige Minuten nachdenken – aber mir dann auch eingestehen, wie viel sich in meinem Leben nach wie vor um dieses Thema dreht: die Menschenfurcht.  Also, darüber nachzudenken, was denn andere Menschen von mir denken könnten. Warum dir das nur Nachteile statt Vorteile bringt und was du aktiv dagegen tun kannst, werde ich dir hier erzählen.

Wir sind füreinander gemacht

Warum sind wir Menschen überhaupt an anderen Menschen und deren Meinung interessiert? Um zu überleben, mussten Menschen schon immer zusammenarbeiten und sich so auch in andere hineinversetzen können. Und darum ist es von Natur aus ziemlich schwer, sich für die Meinung anderer nicht zu interessieren, so sagen es Hirnforscher. Nun leben wir nicht mehr in der Steinzeit und müssen nicht mehr in Rudeln jagen gehen, sind aber nach wie vor soziale Wesen, die Gemeinschaft brauchen, um erfüllt leben zu können. Und gleichzeitig sind wir Individuen, die irgendwie ihren eigenen Weg gehen und finden müssen. Etwas, worauf heutzutage sehr viel Wert gelegt wird. Und für wichtige Entscheidungen wollen wir unabhängig sein von der Meinung anderer – was ja aber von Natur aus recht schwierig ist, wie wir bereits gesehen haben. Hier kommt noch dazu, dass Overthinking, also ein „Zu-viel-Nachdenken“, sich in den letzten Jahren laut Experten vermehrt zu einem weitläufig verbreiteten Phänomen entwickelt hat. Auch keine positive Entwicklung.

Nur Nachteile

Soweit also zum Background. Jetzt aber: Was ist an Menschenfurcht so schlecht? Eigentlich alles. Sie hält dich davon ab, zu machen, was du tun willst und tun sollst. Also, das zu tun, was deine Pflicht wäre oder dir wirklich Freude bereiten würde. Sie hindert dich auch daran, deinen Glauben zu leben oder darüber offen zu sprechen. Menschenfurcht macht dich zutiefst unfrei und abhängig von der Meinung anderer – oder zumindest von dem, was du für deren Meinung hältst. Außerdem: Der, dem du gefallen willst, bestimmt, was du tust. Ich bin mir sicher, jeder findet mehr als genug Beispiele in seinem Leben.

Wir belügen uns selbst

Menschenfurcht redet dir ein, dass du erst beliebt, anerkannt und glücklich werden würdest, wenn du tust, was anderen gefällt und was sie gerne sehen würden. Wenn du etwas anderes tätest und dich die anderen deshalb nicht mögen, würdest du ungeliebt, einsam und allein sein. Dein Glück würde von anderen abhängen. Das sind aber alles Lügen, die wir uns selbst einreden.

Johannes Hartl hat einmal etwas Interessantes dazu gesagt: Erstens, alle anderen Menschen denken meistens auch nur darüber nach, was andere von ihnen denken – und kommen gar nicht auf die Idee, über dich groß nachzudenken. Du hast vielleicht ein neues Outfit, jemand anders war gerade beim Frisör oder was auch immer – und es fällt dem jeweils anderen nicht wirklich auf. Die Wahrheit ist: Niemand würde im Alltag über jemand anderen nur ansatzweise so viel nachdenken, wie über sich selbst. Wenn du mit dieser Gewissheit durch die Welt gehst, bist du innerlich um einiges freier.

Be Real

Auch wenn du dich verstellst, um anderen zu gefallen, werden Leute dich nicht mögen. Stattdessen bekommst du erst wirklich Respekt und Anerkennung, wenn du dein Ding durchziehst – und sei es noch so sehr gegen den Trend. Und das gilt zum Beispiel auch für gelebten Glauben. Wenn du authentisch lebst und dich weder um Cool-Sein noch um die Meinung anderer kümmerst, wirst du ganz sicher viele Blicke ernten. Langfristig bekommst du so ziemlich sicher wirklichen Respekt und Anerkennung. Mit dem Cool-Sein ist es ein bisschen wie mit dem Glück: Wenn du es wirklich willst und mit allen Mitteln probierst… dann funktioniert es ganz sicher nicht. Das hat vom Sinn her auch schon Jesus gesagt. Du kennst vielleicht diesen Satz aus der hl. Schrift: „Denn wer sein Leben retten will, wird es verlieren; wer aber sein Leben um meinetwillen und um des Evangeliums willen verliert, wird es retten“ (Mk 8,35).

Mindsetwechsel

Wenn wir begreifen, das Menschfurcht uns so sehr hindert, wir selbst zu sein, dann ist das der erste wichtige Schritt. Denn es ist etwas, was sich allein in unserem eigenen Kopf abspielt und daher sind auch wir diejenigen, die etwas dagegen tun können. Du kannst an diesem „Mindsetwechsel“ arbeiten und die Lügen in deinem Kopf durch Wahrheiten ersetzen. Die Lüge ist, dass du erst dann geliebt und angenommen bist, wenn du äußere Standards erfüllst oder du dich in allem anpasst. Die Wahrheit ist jedoch: Du bist geliebt und wertvoll, so wie du bist. Weil du gleich wie jeder andere von Gott gemacht und erwählt bist. Es ist wie ein „Schalter im Kopf“, den es gilt umzulegen. Wie machst du das konkret? Indem du jeden Tag ein paar Minuten für dich in Stille mit Gott verbringst und dich von ihm anschauen lässt und dir von ihm sagen lässt: Du bist geliebt!

Do Something!

Challenge deine Menschenfurcht und tu etwas, was etwas Überwindung kostet. Mit kleinen Dingen kannst du die Erfahrung machen, dass manches gar nicht so schlimm ist, wie du denkst. Z.B. sing ein Lied vor dich hin, wenn du auf der Straße spazieren gehst. Sprich mal fremde Menschen an. Setz dich zu einem Bettler… Sei kreativ und schau, welche Challenges sich bieten. Ich höre zum Beispiel manchmal bei Spazierengehen ein Hörbuch laut von meinem Handy an – und lass es auch laut, wenn andere Spaziergänger vorbeikommen.